Nach dem Votum der Briten zum EU-Austritt kommt neben dem GBP auch die europäische Gemeinschaftswährung deutlich unter Druck und löst den langfristigen Aufwärtstrend bearish auf. Für die kommenden Tage lässt dies aus charttechnischer Sicht keinen positiven Ausblick zu. Allerdings ist die Entscheidung zu einem Brexit auch noch nicht in Stein gemeißelt und überraschende Wendungen können nicht ausgeschlossen werden. Eine solche Wendung könnte beim EUR/USD dann auch schnell wieder den Status Quo wiederherstellen.
Übergeordnete Marktsituation EUR/USD – 26.06.2016
EZB und FED liegen hinter den Anlegern und dennoch kehrt beim Währungspaar EUR/USD keine Ruhe ein. Der Grund ist das Referendum der Briten über den EU-Austritt. Nachdem die Kurse mit Fortschreiten der vergangenen Handelswoche immer weiter nach oben zogen, folgte am Freitag dann dass für viele Anleger überraschende Abstimmungsergebnis. Die Briten stimmten mit einer Mehrheit von 51,8 Prozent für einen EU-Austritt und schickten damit die weltweiten Aktienmärkte auf Talfahrt. Auch der Euro kam gegenüber dem US-Dollar deutlich unter Druck und fiel unter die untere Aufwärtstrendlinie auf Tagesbasis. Damit droht der seit Dezember 2015 bestehende Aufwärtstrend nachhaltig gebrochen zu werden. Allerdings liegt dem keine wirtschaftlich nachhaltige oder geldpolitische Entwicklung zu Grunde. Wann die ersten Konsequenzen aus dem Referendum tatsächlich sichtbar werden, kann derzeit nicht prognostiziert werden.
Was viele Anleger bislang außer Acht lassen: Noch haben die Briten die EU nicht verlassen und auch eine abschließende Entscheidung steht noch aus. Der von der Bevölkerung abgestimmte EU-Austritt muss zunächst durch das britische Parlament und dort abgesegnet werden. Da ein Großteil des Parlaments allerdings für einen Verbleib in der Europäischen Union ist, sind auch hier noch keine realen Fakten geschaffen. Dass sich das Parlament gegen die Stimme der Bevölkerung wendet ist zwar nicht unbedingt das wahrscheinlichste Szenario, aber es ist eine Alternative, die Anleger im Blick behalten sollten. Auch ein weiteres Referendum liegt noch im Bereich des Möglichen. Bereits am Wochenende ist hierfür eine Petition auf den Weg gebracht worden, die mittlerweile über 2 Mio. Unterzeichner gefunden hat. Dies reicht zunächst aus, um die Frage im Parlament diskutieren zu lassen.
Selbst wenn sich abschließend ein Brexit durchsetzen sollte, stehen noch einige Verhandlungstage auf der Agenda. Die Verhandlungen über einen EU-Austritt möchte der britische Premier Cameron nicht mehr führen. Damit soll sich nach Aussage Cameron´s sein Nachfolger beschäftigen. Da Cameron seinen Rücktritt aber erst für Herbst in Aussicht gestellt hat verbleibt auch hier genug Zeit für die Märkte, um die Entscheidung zu verdauen und zum Alltag zurückzukehren.
Unterstützungen und Widerstände:
Unterstützungen
Widerstände
1.1056
1.1098
1.1034
1.1130
1.0932
1.1168
1.0909
1.1180
1.0820
1.1204
1.0776
1.1236
Ausblick für den EUR/USD:
Aus dem H4-Chart ergibt sich, dass der Euro im Tagesverlauf die Hälfte seines Verlustes wieder aufholen konnte. Dies ist eine Entwicklung, die sich durchaus zu Beginn der Handelswoche weiter fortsetzen könnte. Die politische Entwicklung über das Wochenende ist zumindest so, dass keine weiteren negativen Nachrichten auf den Markt am Montag einwirken dürften.
Sollte sich zum Handelsbeginn nochmal eine Abwärtsbewegung durchsetzen, wäre ein Doppelboden bei 1.0909 EUR ein mögliches Szenario. Von dort dürfte dann abermals eine Aufwärtsbewegung gestartet werden, die den EUR/USD Kurs wieder über die 200er-EMA führen dürfte.
Dennoch müssen beim Handel immer wieder überraschende Wendungen Berücksichtigung finden. Shortpositionen sind trotz der bearishen Auflösung des Aufwärtstrends sehr gefährlich. Zu jeder Zeit können Meldungen über den Ticker kommen, die einen tatsächlichen Brexit als sehr unwahrscheinlich gelten lassen. Das Worst Case Szenario ist bereits im Markt. Die Chance für positive Überraschungen ist daher deutlich höher als für negative Überraschungen. Diesem Umstand sollte die Positionsgröße daher unbedingt angepasst werden.
Für den Handelsbeginn am Montag sind zunächst zwei Marken relevant. Auf der Shortseite sollte die Unterstützung bei 1.1034 Beachtung finden. Fällt der EUR/USD darunter, wäre ein Test des Tiefs bei 1.0909 wahrscheinlich. Auf der Longseite ist der Widerstand bei 1.1180 interessant. Sofern dieser Widerstand bullish ausgehebelt werden kann, wären steigende Notierungen für den weiteren Handelsverlauf und eine einsetzende Normalisierung anzunehmen.
Überblick Devisenpaare:
Der USD/JPY befindet sich weiterhin im Abwärtstrend. Da der Yen allgemein hin Safe Haven gilt, legte dieser am Freitag mit dem Brexit-Votum erneut deutlich gegenüber dem USD zu. Eine Entwicklung, die ein Einschreiten der Bank of Japan immer wahrscheinlicher erscheinen lässt.
Der „Cable“ verzeichnete in den letzten Wochen eine bearishe Flagge und korrigierte somit die übergeordnete Abwärtsbewegung. Da der GBP am Freitag nach Referendum logischerweise deutlich unter Druck geriet, scheint die Konsolidierung vorerst beendet und eine weitere Abwertung des GBP scheint aus technischer Sicht wahrscheinlich. Es sei denn in den nächsten Wochen erfolgt eine Normalisierung der politischen Lage. Derzeit notiert der GBP auf einem ähnlichen Niveau wie zur Zeit der Lehmann-Pleite 2009 und damit fast auf einem All-Time-Low.
Auch der Euro konnte gegenüber dem GBP deutlich zulegen, den wichtigen Widerstandsbereich aber nicht auf Tagesschlusskursbasis überwinden. Die Autoindustrie wird dies freuen, da ein schwacher GBP hier bremsend für einen der wichtigsten Absatzmärkte wird. Insbesondere für BMW ist Großbritannien ein wichtiger Absatzmarkt und der schwache GBP ein Problem. Durch die Abwertung des GBP um knapp 7 Prozent am Freitag sind deutsche PKW für Briten um 7 Prozent teurer geworden bzw. die Gewinnmarge der Autobauer sinkt um 7 Prozent. Ein Grund dafür, dass neben den Banken die deutschen Autohersteller besonders unter die Räder gekommen sind.
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